Wearable-basiertes Screening entdeckt Vorhofrhythmusstörungen bei fünf Prozent der Älteren

Presseinformation

Fitnessarmbänder in Verbindung mit speziellen Smartphone-Apps eröffnen einen neuen Weg für das Screening auf Rhythmusstörungen im Herzvorhof. Die Smart in OAC – AFNET 9 Studie bot zufällig ausgewählten älteren Menschen ein Smartphone- und Wearable-basiertes Screening auf Herzrhythmusstörungen an und fand dabei Vorhofarrhythmien bei fünf Prozent der Teilnehmer:innen. Die Ergebnisse der vom Kompetenznetz Vorhofflimmern (AFNET) durchgeführten Studie wurden im European Heart Journal of Digital Health veröffentlicht [1].

Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung und eine zunehmende Volkskrankheit. Etliche Millionen Menschen in Europa sind betroffen. In vielen Fällen erscheint die Rhythmusstörung ohne Symptome und bleibt lange unbemerkt. Aber ältere Menschen mit Vorhofarrhythmien, die länger als ein paar Minuten dauern, haben möglicherweise ein erhöhtes Schlaganfallrisiko. Ein Screening, das Vorhofrhythmusstörungen entdeckt, könnte eine frühere Behandlung ermöglichen und dadurch Komplikationen verhindern, beispielsweise durch blutgerinnungshemmende Medikamente (orale Antikoagulation) zur Schlaganfallprävention.

In der Smart in OAC – AFNET 9 Studie (Smartphone and wearable detected atrial arrhythmia in Older Adults Case finding study) erhielten zufällig ausgewählte Menschen über 65 Jahren ein kontinuierliches Screening auf Vorhofrhythmusstörungen. Bedingung war, dass die Teilnehmer:innen kein bekanntes Vorhofflimmern hatten und keine gerinnungshemmenden Medikamente einnahmen. Die wissenschaftliche Leiterin von Smart in OAC – AFNET 9, Prof. Larissa Fabritz, Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf (UKE) und Universität Birmingham, Großbritannien, erläutert den Hintergrund der Studie: „Wir brauchen einfache Methoden zur Erkennung von Vorhofrhythmusstörungen bei Risikogruppen, um Vorhofflimmern rechtzeitig entdecken und eine Behandlung einleiten zu können. Um dieser gesellschaftlichen Notwendigkeit nachzukommen, haben wir die Smart in OAC – AFNET 9 Studie durchgeführt und darin die Brauchbarkeit eines vollständig digitalen Nachweissystems für Vorhofrhythmusstörungen bei zufällig ausgewählten älteren Europäer:innen überprüft.“ Das Studiendesign ist beschrieben in [2].

Die Smart in OAC – AFNET 9 Studie wurde in Deutschland, Polen und Spanien während der Covid-19 Pandemie durchgeführt. Im Zeitraum 01.02.2021 bis 31.01.2022 nahmen 882 ältere Menschen zwischen 65 und 90 Jahren an dem Screening teil. Ihr mittleres Alter betrug 71±5 Jahre. 500 (57 Prozent) von ihnen waren Frauen, 414 (47 Prozent) litten an Bluthochdruck, 97 (11 Prozent) an Diabetes.

Senior:innen wurden auf unterschiedlichen Wegen zur Teilnahme eingeladen. Die Mehrheit der Teilnehmer:innen (72 Prozent) wurden durch Medienkampagnen in Zeitungen oder im Fernsehen erreicht oder auf Informationsveranstaltungen für ältere Menschen mündlich angesprochen. Die restlichen Proband:innen wurden durch Broschüren (11 Prozent), über Hausärzte (9 Prozent), auf einer Website (4 Prozent), in Krankenhausambulanzen (2 Prozent) oder Apotheken (2 Prozent) auf die Studie aufmerksam gemacht.

Die Studienteilnehmer:innen erhielten ein Armband mit einem photoplethysmographischen (PPG) Sensor, der in Verbindung mit einer App auf ihrem Smartphone den Puls messen konnte. Damit wurde ein kontinuierliches, kontaktlos von zu Hause durchführbares Rhythmusmonitoring für acht Wochen ermöglicht. Mehr als die Hälfte der Proband:innen (53 Prozent) nahm ohne persönlichen Kontakt teil. Die übrigen 47 Prozent erhielten persönliche Unterstützung im Umgang mit dem Gerät.

In den ersten vier Wochen übermittelten die Teilnehmer:innen Signale über 533 Stunden, das sind 77 Prozent des gesamten Beobachtungszeitraums von 696 Stunden. Vorhofrhythmusstörungen wurden bei 44 Personen (5 Prozent) innerhalb von 28 Tagen und bei 53 Personen (6 Prozent) innerhalb von acht Wochen detektiert. Dabei wurden in der ersten Woche mehr Rhythmusstörungen nachgewiesen (Inzidenzrate 3,4 Prozent in Woche 1) als in den folgenden Wochen (Inzidenzrate 0,55 Prozent in den Wochen 2 bis 4).

Prof. Fabritz fasst zusammen: „Smart in OAC – AFNET 9 hat ein Smartphone- und Wearable-basiertes Nachweissystem für Vorhofarrhythmien bei älteren Menschen in verschiedenen europäischen Ländern erfolgreich angewandt. Angebote zur technischen Unterstützung aus der Ferne wurden angenommen, und die Bereitschaft zur Teilnahme war hoch. Das zeigt die Durchführbarkeit für diese Altersgruppe. Unser Screening hat Vorhofrhythmusstörungen bei fünf Prozent der älteren Erwachsenen entdeckt. Die Nachweisrate war in der ersten Woche des Monitorings hoch und nahm danach ab. Das legt nahe, dass relativ kurze Beobachtungszeiträume ausreichen, um ältere Menschen mit Vorhofrhythmusstörungen zu finden. Diese Ergebnisse ermutigen dazu, ein vollständig digitales, auf Alltagselektronik basierendes System für ein Screening auf Vorhofrhythmusstörungen bei älteren Menschen zu nutzen.“

Smart in OAC – AFNET 9 ist eine wissenschafts-initiierte Studie. Sie wurde vom Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET) ins Leben gerufen und durchgeführt. Finanzielle Unterstützung wurde von Daiichi-Sankyo, Sachleistungen von Preventicus zur Verfügung gestellt.

 

Literatur

[1] Fabritz L, Connolly DL, Czarnecki E, Dudek D, Guasch E, Haase D, Huebner T, Zlahoda-Huzior A, Jolly K, Kirchhof P, Obergassel J, Schotten U, Vettorazzi E, Winkelmann S, Zapf A, Schnabel RB, for the Smart in OAC - AFNET 9 investigators. Wearable-based detection of atrial arrhythmias in older adults. The fully digital European Smart in OAC – AFNET 9 case finding study. Eur Heart J Digital Health. 22.11.2022. doi: 10.1093/ehjdh/ztac067

[2] Fabritz L, Connolly D, Czarnecki E, Dudek D, Zlahoda-Huzior A, Guasch E, Haase D, Huebner T, Jolly K, Kirchhof P, Schotten U, Zapf A, Schnabel R. Remote Design of a Smartphone and Wearable Detected Arial Arrhythmia in Older Adults Case Finding Study: Smart in OAC - AFNET 9. Front Cardiovasc Med. 21.03.2022. doi:10.3389

 

Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET)

Das Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET) ist ein interdisziplinäres Forschungsnetz, in dem Wissenschaftler:innen und Ärzt:innen aus Kliniken und Praxen deutschlandweit zusammenarbeiten. Ziel des Netzwerks ist es, die Behandlung und Versorgung von Patient:innen mit Vorhofflimmern in Deutschland, Europa und den USA durch koordinierte Forschung zu verbessern. Dazu führt das Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. wissenschaftsinitiierte klinische Studien (investigator initiated trials = IIT) und Register auf nationaler und internationaler Ebene durch. Der Verein ist aus dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Kompetenznetz Vorhofflimmern hervorgegangen. Seit Januar 2015 werden einzelne Projekte und Infrastrukturen des AFNET vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) gefördert.
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