EAST – AFNET 4 Studie: Patienten mit erstmals diagnostiziertem Vorhofflimmern profitieren von frühem Rhythmuserhalt

Presseinformation

Eine frühe rhythmuserhaltende Behandlung nützt Patienten mit Vorhofflimmern unabhängig von der Art des Vorhofflimmerns. Patienten mit erstmals diagnostiziertem Vorhofflimmern profitieren vom frühen Rhythmuserhalt ebenso wie Patienten mit paroxysmalem oder persistierendem Vorhofflimmern. Das ist das Ergebnis einer Subgruppen-Analyse der EAST – AFNET 4 Studie, die von Professor Andreas Goette, St. Vincenz-Krankenhaus Paderborn, beim Kongress der American Heart Association (AHA) am 14.11.2021 in Boston vorgestellt wurde [1].

Kardiovaskuläre Komplikationen treten besonders häufig im ersten Jahr nach der Diagnose Vorhofflimmern auf. Die aktuellen Leitlinien für die Behandlung von Vorhofflimmern empfehlen eine Antikoagulation (Gerinnungshemmung) und eine Behandlung der kardiovaskulären Begleiterkrankungen bei allen Patienten mit Vorhofflimmern, während der Erhalt des Sinusrhythmus bisher nicht als First-Line-Behandlung gilt. In der EAST – AFNET 4 Studie wurde der Nutzen einer frühen rhythmuserhaltenden Therapie für die gesamte Studienpopulation beobachtet. Ob die Art des Vorhofflimmerns Einfluss auf die Wirkung der rhythmuserhaltenden Therapie hat, ist nicht bekannt.

Die EAST – AFNET 4 Studie hat untersucht, ob eine rhythmuserhaltende Therapie mittels Antiarrhythmika oder Katheterablation, wenn sie im ersten Jahr nach der Diagnose Vorhofflimmern begonnen wird, die Prognose der Patienten verbessert. Das Hauptergebnis der Studie, das im vorigen Jahr publiziert wurde [2], zeigte einen Nutzen des frühen Rhythmuserhalts für alle Patienten: Eine frühzeitige rhythmuserhaltende Therapie mit Medikamenten und/oder Ablation führte im Vergleich zur üblichen Behandlung zu weniger Todesfällen, Schlaganfällen und Krankenhausaufenthalten wegen Verschlechterung einer Herzschwäche oder akutem Koronarsyndrom. In der Studie wurden 2789 Patienten mit kürzlich diagnostiziertem Vorhofflimmern (innerhalb eines Jahres nach Diagnose) und kardiovaskulären Risikofaktoren in den beiden Studiengruppen „früher Rhythmuserhalt“ und „übliche Behandlung“ über einen Zeitraum von fünf Jahren behandelt und beobachtet.

In der aktuellen EAST – AFNET 4 Substudie haben Prof. Goette und Kollegen die Wirkung einer früher rhythmuserhaltenden Therapie bei drei Gruppen von Patienten mit unterschiedlichen Vorhofflimmerarten analysiert. Die erste Gruppe besteht aus 1048 Patienten mit erstmals diagnostiziertem Vorhofflimmern, das heißt Patienten, die innerhalb von sieben Tagen nach ihrer ersten Vorhofflimmerepisode eingeschlossen wurden. Die anderen beiden Gruppen sind 2042 Patienten mit paroxysmalem (anfallsartigem) und 743 Patienten mit persistierendem (anhaltendem) Vorhofflimmern. Die Wissenschaftler untersuchten die Wirkung einer frühen rhythmuserhaltenden Therapie in jeder Gruppe und verglichen die Wechselwirkungen zwischen der Art des Vorhofflimmerns und den Folgen wie Herztod, Schlaganfall, Herzschwäche, akutes Koronarsyndrom, Krankenhausaufenthalte, andere schwere Komplikationen und Todesfälle jeglicher Ursache. Veränderungen in der Lebensqualität wurden ebenfalls verglichen.

Patienten mit erstmals diagnostiziertem Vorhofflimmern wurden öfter stationär aufgenommen (24%) als solche mit persistierendem (14%) oder paroxysmalem (11%) Vorhofflimmern. Der CHA2DS2VASc Score (ein Maß für das Schlaganfallrisiko) war in allen drei Gruppen ähnlich. Es gab keine wesentlichen Unterschiede in der Antikoagulation und der Behandlung von Begleiterkrankungen. Der frühe Rhythmuserhalt reduzierte kardiovaskuläre Komplikationen bei allen Arten von Vorhofflimmern. Die Zahl der im Krankenhaus verbrachten Nächte und die der Krankenhauseinweisungen auf Grund eines akuten Koronarsyndroms waren bei den Patienten mit erstmals diagnostiziertem Vorhofflimmern, die der Studiengruppe „früher Rhythmuserhalt“ angehörten, erhöht gegenüber denen der Studiengruppe „übliche Behandlung“. Bei Patienten mit paroxysmalem oder persistierendem Vorhofflimmern gab es dagegen keinen Unterschied zwischen den beiden Studiengruppen.

Prof. Goette fasst die Ergebnisse zusammen: „Der Nutzen des frühen Rhythmuserhalts hat sich in der EAST – AFNET 4 Studie als unabhängig von der Art des Vorhofflimmerns herausgestellt. Wir haben allerdings einen Unterschied in der Hospitalisierungsrate gefunden. Patienten mit erstmals diagnostiziertem Vorhofflimmern verbrachten mehr Zeit im Krankenhaus und wurden öfter wegen eines akuten Koronarsyndroms eingewiesen, wenn sie der Studiengruppe „früher Rhythmuserhalt“ angehörten.“ Vollständig pathophysiologisch erklären können sich die Wissenschaftler diesen Befund noch nicht. Ihr bisheriges Fazit lautet: „Unserer Ansicht nach sollte die Entscheidung für eine frühzeitige rhythmuserhaltende Behandlung nicht von der Art des Vorhofflimmerns abhängig gemacht werden.“

 

Literatur

[1] Goette A, Borof K, Breithardt G, Camm AJ, Crijns HJGM, Kuck KH, Wegscheider K, Kirchhof P for the EAST – AFNET 4 investigators. Patients with first diagnosed atrial fibrillation are at high risk of cardiovascular events and suitable for early rhythm control: The EAST-AFNET 4 trial. Abstract AHA congress 2021

[2] Kirchhof P, Camm AJ, Goette A, Brandes A, Eckardt L, Elvan A, Fetsch T, van Gelder IC, Haase D, Haegeli LM, Hamann F, Heidbüchel H, Hindricks G, Kautzner J, Kuck K-H, Mont L, Ng GA, Rekosz J, Schön N, Schotten U, Suling A, Taggeselle J, Themistoclakis S, Vettorazzi E, Vardas P, Wegscheider K, Willems S, Crijns HJGM, Breithardt G, for the EAST–AFNET 4 trial investigators. Early rhythm control therapy in patients with atrial fibrillation. N Engl J Med 2020; 383:1305-1316.
DOI: 10.1056/NEJMoa2019422

 

Twitter: @afnet_ev, hashtag #EASTtrial.

 

Finanzielle Unterstützung: AFNET, BMBF, DZHK, EHRA, Deutsche Herzstiftung, Abbott, Sanofi

 

 

EAST – AFNET 4 Studie

EAST – AFNET 4 ist eine wissenschaftsinitiierte Studie, in der zwei unterschiedliche Behandlungsstrategien bei Vorhofflimmern verglichen wurden. Die EAST – AFNET 4 Studie testete, ob eine frühe und umfassende rhythmuserhaltende Therapie bei Patienten mit Vorhofflimmern kardiovaskuläre Komplikationen besser verhindert als die übliche Behandlung.

Insgesamt 2789 Patienten mit frühem Vorhofflimmern (weniger als ein Jahr nach der ersten Diagnose) nahmen an der EAST – AFNET 4 Studie teil. Sie wurden von 2011 bis 2016 in 135 Kliniken und Praxen in elf europäischen Ländern in die Studie eingeschlossen. Die Studienteilnehmer wurden einer der beiden Behandlungsgruppen „früher Rhythmuserhalt“ oder „übliche Behandlung“ nach dem Zufallsprinzip zugeordnet (Randomisierung). Die Patienten in beiden Gruppen erhielten eine leitlinienkonforme Therapie, bestehend aus der Behandlung ihrer kardiovaskulären Begleiterkrankungen, Blutgerinnungshemmung und Frequenzregulierung.

Alle Patienten der Gruppe „früher Rhythmuserhalt“ erhielten nach der Randomisierung zusätzlich Antiarrhythmika oder eine Katheterablation. Sobald bei einem Patienten dieser Gruppe Vorhofflimmern erneut auftrat, wurde die Therapie intensiviert mit dem Ziel, den normalen Sinusrhythmus durch eine Katheterablation und/oder antiarrhythmische Medikamente wiederherzustellen und möglichst dauerhaft zu erhalten.

Patienten der Gruppe „übliche Behandlung“ erhielten nur dann eine rhythmuserhaltende Therapie, wenn diese notwendig war, um durch Vorhofflimmern verursachte Symptome zu bessern, die trotz leitlinienkonformer frequenzregulierender Behandlung auftraten.

 

Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET)

Das Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET) ist ein interdisziplinäres Forschungsnetz, in dem Wissenschaftler und Ärzte aus Kliniken und Praxen deutschlandweit zusammenarbeiten. Ziel des Netzwerks ist es, die Behandlung und Versorgung von Patienten mit Vorhofflimmern in Deutschland, Europa und den USA durch koordinierte Forschung zu verbessern. Dazu führt das Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. wissenschaftsinitiierte klinische Studien (investigator initiated trials = IIT) und Register auf nationaler und internationaler Ebene durch. Der Verein ist aus dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Kompetenznetz Vorhofflimmern hervorgegangen. Seit Januar 2015 werden einzelne Projekte und Infrastrukturen des AFNET vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) gefördert.

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